Die Hilfe-FAQ

Inhalt

  1. Wozu eine Hilfe-FAQ?
  2. Wo finde ich Anlaufstellen in Problemsituationen?
  3. Was passiert denn in so einer Beratung?
  4. Psychologische Hilfe unter einem anderen Blickwinkel

1. Wozu eine Hilfe-FAQ?

de.talk.romance ist eine Diskussionsgruppe und kann und will nicht professionelle Hilfe ersetzen. Manchmal reicht Lesen und Schreiben in dtr nicht, weil einem die Probleme über den Kopf wachsen, die schwarzen Löcher zu tief werden und man selber nicht mehr weiter weiss. Um zumindest erste Anlaufstellen für solche Situationen zu nennen und ein klein wenig die Scheu vor dem "Psychokrams" zu nehmen, ist diese FAQ entstanden.

Erweiterungen in Form von weiteren Links, Hinweisen auf Fehler, ergänzenden Texten und ähnlichem sind immer gerne gesehen, schick uns in so einem Fall einfach eine Mitteilung über die Kontaktseite.

2. Wo finde ich Anlaufstellen in Problemsituationen?

Hier findest Du einige Internetadressen von Anlaufstellen, die Beratung auf unterschiedlichen Gebieten anbieten, zur Adressensuche oder als Startpunkt für die Suche nach Hilfe geeignet sind.

Hilfe und Beratung für Erwachsene

Hilfe und Beratung für Kinder und Jugendliche

Hilfe nach Vergewaltigung und Missbrauch

Suche nach Therapeuten

Verschiedene Angebote

3. Was passiert denn in so einer Beratung?

Mark Lebius hat im November 1999 in dtr den folgenden Bericht gepostet, der seine Erfahrungen mit einer psychotherapeutischen Beratung schildert:

Prolog

Vor einiger Zeit kam es hier im Rahmen einer Diskussion mal dazu, daß ich erwähnte, wie ich in Hannover von zwei Jugendlichen 'zum Spaß' zusammengeschlagen worden bin.

Da ich immer noch mit gewissen Ängsten diesbezüglich zu kämpfen hatte, ich insbesondere Jugendliche mißtrauisch beäugte, wurde diese 'Beziehung' zum Thema.

Ich fragte mich damals, ob es denn normal sei, daß ich diese Angst hätte und ob sie 'von allein' wieder verschwinden würde. Ich hatte selbst schon in Erwägung gezogen, eventuell Psychologen aufzusuchen doch mangels Erfahrung konnte ich mir irgendwie nicht recht vorstellen, wie diese mir hätten helfen können.

Dankenswerterweise unterstützten mich einige darin, es doch einfach mal zu probieren und dann kam noch der grandiose Tip, daß ich als Student (zumindest hier in Ulm, aber ich denke mal, auch anderswo) zu einer kostenlosen 'psychotherapeutischen Beratung' gehen könne.

Zum Thema:

Nun, letztendlich überwand ich meine Vorurteile und ging zu dieser psychotherapeutischen Beratung und ich bereue diese Entscheidung nicht.

Beim ersten Mal wurde ich zunächst ins 'Wartezimmer' gesetzt und durfte dort diverse Angaben ausfüllen. Sei es so etwas normales wie meine Anschrift, aber auch Fragen, welche mein Problem betrafen, bzw. was denn überhaupt mein Problem sei.

Dann kam es schließlich zu einem Gespräch mit einer Diplom- Psychologin. Ich kann nun nicht sagen, daß ich mich dabei 'in den Arm genommen' und getröstet fühlte, aber das wollte ich auch gar nicht.

Insgesamt waren es jetzt, wenn ich mich recht entsinne, vier Sitzungen, in denen wir uns unterhielten. Natürlich ging es dabei nicht nur um den Überfall, sondern auch um vieles drumherum was doch recht viel mit meiner (nicht vorhandenen) Verarbeitung des Vorfalls zu tun hatte.

Die Fragen, welche sie stellte, waren das, was ich für mich als wichtigstes mit aus diesen Sitzungen genommen habe. Eigentlich hatte ich gedacht, mir selbst schon genügend Fragen gestellt zu haben, mit denen ich hoffte, mein Problem zu lösen. Aber ab und an sehen 'professionelle Fragesteller' doch mehr als man selbst oder Freunde, mit denen ich mich im Vorfeld auch schon viel unterhalten hatte.

Als erschreckenstes für mich mußte ich erkennen, daß ich inzwischen einen Wahrnehmungsfilter hatte und nur noch negative Eindrücke und Nachrichten von Jugendlichen wirklich wahrnahm. Leider gibt es davon ja in den Medien derzeit genug, so daß sich mein Filter gut genährt sah.

Eine Therapie, welche ich mir selbst ausgedacht hatte, war, mich meinen Ängsten zu stellen, also Situationen bewußt nicht zu vermeiden, welche wieder dies beklemmende Gefühl in mir aufsteigen ließen. Ganz verkehrt ist wohl dies Ansinnen auch nicht, allerdings machte ich einen entscheidenden Fehler: Obgleich ich mich der Situation stellte, versuchte ich sie doch so schnell als möglich hinter mich zu bringen.

Besser ist es offensichtlich (und für mich auch einleuchtend, obgleich ich es bislang noch nicht intensiv testen konnte), sich der Situation zu stellen und solange in dieser Situation zu verweilen, bis die Ängste wieder abnehmen. Intern soll sich dabei wohl so etwas wie eine 'Schwellwerterhöhung' vollziehen. Ich denke aber, daß eben auch die positive Erfahrung 'es ist nichts passiert' viel zur Heilung beitragen kann.

Ansonsten habe ich inzwischen auch wieder gelernt, meinen Negativ- Filter bewußt zu unterdrücken bzw. mir positive Eindrücke bewußter zu machen.

Morgen wird nun die letzte Sitzung sein. Daran könnte sich eine Therapie anschließen, allerdings denke ich, ich habe für mich die nötigen Rezeptzutaten gefunden, daß ich mir nun selbst helfen kann.

Ansonsten gäbe es wohl die Möglichkeit etwa oben beschriebene 'Schwellwerterhöhung' gemeinsam durchzuführen. Man würde sich in Betreuung entsprechenden Situationen stellen und diese nachbesprechen. Etwa, wenn man denn tatsächlich 'die Flucht ergreift', warum man dies getan hat, wo der initiale Grund lag.

Morgen will mir die Diplom-Psychologin dann noch eine Entspannungsübung zeigen, auf die ich sehr gespannt bin. Schließlich liebe ich Entspannung... meist in Unterstützung von schöner Musik...

Epilog

Ich habe den Schritt, die psychotherapeutische Beratung der Uni zu besuchen keinesfalls bereut. Es gibt auch nichts zu bereuen, denn es ist ja, wie gesagt, kostenlos.

Zum einen habe ich meine Neugier befriedigt, ob denn so etwas tatsächlich helfen kann und, was ich kaum zu hoffen wagte, ich habe Ansätze gefunden, endlich von diesem Fluch der Angst frei zu kommen (oder sie zumindest zu mildern). Ob es letztendlich Erfolg bringt, wird sich zeigen.

Mir fiel dann beim letzten Gespräch auch wieder meine Hemmschwelle ein, überhaupt dorthin zu gehen. Zu dieser Hemmschwelle zählte sicherlich auch das Geld, welches eine andere psychologische Beratung gekostet hätte, aber eben auch Fragen, wie, ob es mir überhaupt etwas nützen könne und ob ich die Angst nicht in ein paar Monaten selbst überwunden habe.

Und dann gibt es natürlich, wie in jedem Bereich, die Gefahr, daß man sich Pfuschern anvertraut, die nicht heilen... womöglich sogar Erlebnisse noch verschlimmern.

Nun, ich hoffe, ich komme nie wieder in die Situation, daß ich es für sinnvoll erachte, einen Psychologen/eine Psychologin aufzusuchen. Doch falls dem so ist, und falls evtl. einer hier aus dieser Gruppe auch überlegt, ob dies mal ein sinnvoller Schritt sein könnte, habe ich mich danach erkundigt, ob es denn so etwas wie ein 'Gütesiegel' für Psychologen gibt.

Und tatsächlich gibt es dies: Den Bundesverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen BDP, u. a. zu erreichen unter der URL: http://www.bdp-verband.org/

Ich denke mal, dort kann man evtl. auch Rat bekommen, an wen man sich wenden kann.

Außerdem kann man sich wohl an seine Krankenkasse wenden, welche einem dann Psychologen/Psychologinnen nennt, die man aufsuchen kann. Und die Bezahlung soll dann auch nicht das Problem sein. Man muß natürlich nicht gleich wegen jedem Kleckerkram zum Psychologen rennen ;-)

Vielleicht habe ich hiermit der einen oder dem anderen Mut gemacht, doch mal einen Psychologen/eine Psychologin aufzusuchen. Oder wenn nur die Hemmschwelle etwas niedriger geworden ist, als sie bei mir war, würde es mich schon freuen.

Ich wünsch Euch aber, daß Ihr mit Eurer Psyche im Einklang seit :-)

Tschüß,
Mark

4. Psychologische Hilfe unter einem anderen Blickwinkel

Adrian Suter schrieb im April 2005 in dtr das folgende Posting:

Die Psychologie hat den Menschen jahrzehntelang pathologisiert. Das heisst: psychische Probleme wurden als Krankheiten, Mängel, Defekte o.ä. angesehen, die man heilen, reparieren musste. Professionelle psychologische Hilfe wurde als dieses Heilen und Reparieren angesehen. Der Ausdruck "Psychotherapie" führt uns ebenfalls auf dieses Gleis.

Diese Sichtweise ist aber bedenklich. Sie bedeutet nämlich, dass die Inanspruchnahme professioneller psychologischer Hilfe zugleich das Eingeständnis ist, irgendeinen seelischen Defekt zu haben, bei dessen Behebung man selbst gescheitert ist. Deine Ausdrucksweise ("Psychotherapie benötigen", "letztes Mittel") legt nahe, dass Du genau vor diesem Eingeständnis zurückschreckst.

Nun gibt es aber psychologische Richtungen, die nicht mehr von einem psychopathologischen Standpunkt aus denken. Diese Richtungen sagen zum Beispiel, dass menschliche Probleme oft durch das soziale Umfeld eines Menschen mitbedingt sind, und dass der Psychologe helfen muss, dass der Mensch, der bei ihm Hilfe sucht, dieses Umfeld zum Positiven verändern kann (=systemischer Ansatz, lösungsorientierter Ansatz). Oder sie sagen, dass ein Mensch vielleicht Verhaltensweisen gelernt oder sich antrainiert hat, die ihm selbst schaden, und dass der Psychologe ihm helfen soll, umzulernen (=verhaltenstherapeutischer Ansatz, ressourcenorientierter Ansatz).

Ich möchte Dich daher einladen, professionelle psychologische Hilfe nicht als Therapie einer Krankheit, sondern als Weiterbildungskurs zu betrachten: bei einem Psychologen kannst Du lernen, Deine eigene Situation, Dein Umfeld, Dein Verhalten, Deine typischen Handlungsweisen aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Vielleicht wirst Du danach Dein Verhalten ändern. Vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall aber wirst Du danach einen besseren Durchblick haben, was Dich, Deine Situation und Dein Verhalten angeht. Das eröffnet Dir neue Handlungsoptionen, die Du jetzt nicht hast. Die alten Handlungsoptionen, die Du jetzt hast, verlierst Du aber nicht. M.a.W. Du vermehrst Deine Ressourcen.

Unter diesem Blickwinkel - Ressourcenvermehrung - würde ich professionelle psychologische Hilfe betrachten. Und nicht unter dem Blickwinkel "Reparatur eines Psychodefektes".

Eine Psychotherapie - ich verwende nun halt doch wieder dieses Wort, obwohl es mir nicht so richtig passt - ist, unter diesem Blickwinkel betrachtet, im Privatleben das Äquivalent zu Supervision/Coaching im Berufsleben. Ich nehme selbst in meiner beruflichen Tätigkeit Supervision in Anspruch. Und hier kommt niemand auf die Idee, ich täte das, weil ich halt in meinem Beruf eine Flasche sei und das deswegen nötig habe, im Gegenteil: wann immer ich sage, dass ich in einer Supervision bin, sagen die Leute, dass ich recht hätte und eigentlich meine Berufskollegen das alle auch tun sollten.

Wenn wir dies auf den privaten Bereich übertragen: professionelle psychologische Hilfe heisst nicht, dass der betreffende psychisch gescheitert ist, sondern dass er weiterkommen will.

Adrian

Zusammengestellt von Sybille Kahl

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