Sabine - eine Moritat
Teil 2 von 3
Hi!
...hier nun Teil 2 der schaurigen Moritat ;o)
Kapitel 5 - QUO VADIS, Sabine?
Nun saß ich also da... Wir schreiben Anfang Juli 96 und ich habe mir aus "Nächstenliebe" mindestens 3 Wochen Sabine eingebrockt. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, meine heißersehnten Urlaubstage mit Segelfliegen und faulenzen zu verbringen. Die Jungs vom Aero-Club haben außerdem meine Zusage, daß ich in der zweiten Woche die Start-Winde bedienen werde.
Nun aber ist Sabine da und es beginnt der seltsamste Urlaub meines Lebens. Das restliche Wochenende verläuft überraschend ohne weitere Chaos-Aktionen. Allerdings stelle ich fest, das Sabine offensichtlich entschlossen ist, auf dem schnellsten Wege einen neuen Partner zu finden. Scheinbar hat sie endlich begriffen, daß ich nicht derjenige welcher bin... was mich doch irgendwie erleichtert.
Nachdem nun die Fronten abgeklärt sind, sehe ich der kommenden Zeit mit einer gewissen Freude entgegen... Es ist Sommer, keine Verpflichtungen, und es erwarten mich drei Wochen mit einer Frau, die jeden Tag für eine Überraschung gut ist. Sabine ist zwar die abgedrehteste Frau, die ich je kennenlernte, aber sie ist lieb und hat 1001 ungewöhnliche Ideen... außerdem habe ich den Gedanken, sie vielleicht in ein neues Leben schubsen zu können, dessen Richtung wieder eine gewisse Perspektive bietet. Da Sabine mich scheinbar für einen allwissenden Macher hält, wird sie schon ein wenig auf meine Ratschläge hören... Was ihre verbalen Protzereien in Punkto Sex betrifft, halte ich sie schlicht und einfach für einen Maulhelden mit enormen Defiziten beim Selbstbewußtsein. Ich bin mir sicher, daß dies nachlassen wird, wenn sie erst mal einen Job hat und wieder ein "normales" Leben führt...
Die Woche beginnt mit einer Fahrt zu meinen Eltern, da mein Stiefvater mir unbedingt beim Aufbauen einiger Möbel helfen will, die nach 6 Wochen endlich geliefert wurden. In meiner Wohnung trifft er nun auf Sabine und hält sie natürlich für meine Freundin... Da meine Eltern seit meiner Trennung ständig versuchen mich zu verkuppeln, will ich gerade den Mund aufmachen und die Sachlage erläutern... als ich feststelle, daß Sabine brav die Hausfrau spielt, meinem Stiefvater den Kaffee serviert und ihn überhaupt in seinem Irrglauben bestärkt. Sie erzählt ungefragt von sich und ihrem Leben....natürlich nur den "bürgerlichen" Teil... und bietet rundum das Bild der perfekten Schwiegertochter. Staunend sehe ich dem Schauspiel zu und da ich Sabine nicht bloßstellen möchte, kläre ich meinen von Sabine begeisterten Stiefvater nicht auf... außerdem kommt mir der Gedanke, daß ich auf diese Weise wenigstens eine Zeitlang Ruhe vor den Kupplereien meiner Eltern habe...
Als ich meinen Stiefvater nach Hause bringe, will Sabine unbedingt mit und der
Erzähler befürchtet das Schlimmste...und tatsächlich: Auf Sabine`s Vorschlag hin
wird unterwegs Kuchen geholt und meine Mutter erlebt die perfekte Schwiegertochter...
Nach einer Stunde hat Sabine meine Eltern voll im Griff und ich bekomme so langsam
Zweifel, ob mein Schweigen vielleicht nicht doch ein Fehler war...aber nun ist es zu spät
und ich tröste mich mit dem Gedanken, nach den drei Wochen ihres Aufenthaltes bei
mir die "Beziehung" einfach als beendet erklären zu können...
Beim Abschied lädt Mutter Sabine spontan zu ihrer großen Geburtstagsfeier am
kommenden Sonntag ein. Nun wird mir die Sache doch etwas unheimlich...
Auf der Heimfahrt stelle ich Sabine zur Rede und diese erklärt, das sei doch alles
nicht so schlimm und meine alten Leute wären doch so recht glücklich damit.
Trotzdem bitte ich mir für die Zukunft etwas mehr Zurückhaltung aus und bin ziemlich
sauer, weil mir das Vorspiegeln falscher Tatsachen erhebliche Bauchschmerzen verursacht...
Am nächsten Tag telefoniert Sabine mit ihrem Ex-freund Martin, der wegen einer
neuen Beziehung gerne seine Wohnung wieder ohne Sabine bewohnen möchte, da
er bislang immer bei seiner Freundin schlief, wenn Sabine in der Wohnung war...
Diese ist am Boden zerstört und beschließt, dem Norden endgültig den Rücken zu
kehren und hier am Niederrhein einen neuen Anfang zu machen.
Sie fragt mich, ob sie vielleicht 5-6 Wochen bei mir wohnen könnte, bis sie einen
neuen Job und Wohnung gefunden hätte....
Kapitel 6
Wer die Geschichte bis hierhin verfolgt hat, ahnt sicherlich schon, wie meine Antwort
war.... Immer noch in dem Glauben, Sabine im Wesentlichen im Griff zu haben und
bemüht, ihr in Freundschaft helfen zu wollen, stimmte ich ihrer Bitte zu.
Da mir die Show bei meinen Eltern aber noch frisch im Bewußtsein war, stellte ich ganz
klar einige Regeln auf:
Sabine bemüht sich einen Job zu finden, wir teilen uns die Haushaltsführung, gegenseitige Toleranz & Ehrlichkeit. Bis sie eine eigene Wohnung findet, treten wir nach außen hin gegenüber Dritten als eine Art WG auf. Bei Job- und Wohnungssuche helfe ich ihr. Da Sabine noch nicht verdient, wird sie geliehenes Geld zurückzahlen, sobald sie dazu in der Lage ist... was übrigens ihr eigener Wunsch ist. Nun, damit konnten wir beide leben... dachte ich.
Der Leser mag mich nun einen Trottel schelten, aber ich hatte damals keinen Grund,
an Sabines Ehrlichkeit zu zweifeln. Sie erzählte mir stets alles und log nicht, auch wenn
das, was sie erzählte, oft haarsträubend war...
Wir beschlossen, am Mittwoch nach Lübeck zu fahren. Sabine wollte ihre Sachen abholen
und mir gleichzeitig zu einem kurzen Badeurlaub an der Ostsee verhelfen, nachdem sie ihre
Angelegenheiten geklärt habe. Für diese 3-4 geplanten Tage würden wir in der
besagten Wohnung wohnen, die ihr Ex ihr zur Verfügung gestellt hatte...
Abends um 21:00 erreichen wir Lübeck, wo ich Sabine bei der Aids-Hilfe absetze, da Sabine
sich gerne von ihrer Gruppe verabschieden möchte. Ich bummele durch die wunderschöne
Altstadt und hole Sabine um 22:00 ab. Endlich erreichen wir die Wohnung, gelegen in einem
neuen Appartement-Haus. Die Wohnung ist hübsch, bzw. wäre es gewesen, wenn nicht
scheinbar irgendeiner eine 5-Zentner-Bombe darin gezündet hätte.
Wir quatschen die ganze Nacht und Sabine liest mir aus ihren Lieblingsgedichten vor,
die sie fein säuberlich in einer Kladde aufgeschrieben hat. Dies sind die Momente, in denen
ich sie trotz allen Zweifeln wirklich gerne habe.... Eine verträumte junge Frau, die den Weg
aus den Augen verloren hat und doch so gerne ein erfülltes Leben leben würde. Tatsächlich
entdecke ich mit der Zeit Seiten an ihr, die ich sogar für ziemlich spießig halte.
Morgens um 04:00 Uhr dreht sich der Schlüssel im Schloss der Wohnungstür, Sabine
wird bleich und der Erzähler sieht sich geistig schon im Kleiderschrank sitzen....
Martin, ihr
Exfreund, tritt frohgelaunt herein und verkündet, er wolle nur ein paar Klamotten holen.
Nachdem mein Herz wieder den Rückweg vom Hosenboden an die richtige Stelle gefunden
hat, unterhalten wir uns noch eine Weile, bis Martin wieder in die Nacht entschwindet.
Fassungslos frage ich mich, wie ich mich wohl an seiner Stelle verhalten hätte...
Für den Donnerstag ist ein Besuch bei ihrem Frauenarzt angesetzt, schließlich ist Sabine
mittlerweile in der 8.Woche schwanger und die Zeit für eine Entscheidung wird knapp.
Bald schon finde ich mich als einziger Mann im Wartezimmer des Frauenarztes wieder,
wo ich mir die Warterei damit vertreibe, mich mittels Brigitte, Carina und Co. über
die neuesten Schminktips sowie die Wintermode 96/97 zu informieren...
Diese enorm wichtigen Informationen hatte ich zwar noch nie vermisst, aber 3 Stunden
Warten können einen zum Äußersten treiben...
Gekrönt wird der Aufenthalt im proppevollen Wartezimmer durch eine hochschwangere
Frau, die meinen angebotenen Sitzplatz empört zurückweist und mir recht lautstark
die Entwicklung der Frauenbewegung seit 1968 schildert...
Langsam beginne ich mich an dieses ständige Auftreten von Chaos zu gewöhnen, wenn
man Sabine zur Seite hat...
Endlich hat Sabine ihre Untersuchung hinter sich und hält mir im Auto freudestrahlend eine Ultraschallaufnahme vor die Nase, von der sie behauptet, daß darauf das Baby zu sehen sei. Zwar entdecke ich nur ein schwarz-weißes Etwas, schiebe das für mich aber auf eine mangelnde medinzinische Ausbildung meinerseits sowie auf meine ebenso mangelhaften Muttergefühle.
Bald darauf finde ich mich in einem Restaurant wieder, wo Sabine verkündet, ich möge ihr
doch bitte sagen, ob sie nun abtreiben solle oder nicht....
Da wir alle wissen, wie *einfach* dieses Thema abzuhandeln ist, bin ich reichlich
schockiert, daß Sabine sich darum bisher scheinbar noch keine weiteren Gedanken
gemacht hat und mich jetzt zwischen Hauptgericht und Dessert zu einer Entscheidung
nötigen will, ich ihr also quasi die Verantwortung abnehmen soll...
Dies sage ich ihr auch und sie bittet mich, ihr zumindestens bei der Entscheidungshilfe
mit Argumenten pro & contra zu helfen. Da ich in leidvoller Erfahrung bei der
Problembehebung von störrischen Computern und abstürzenden Programmen gelernt
habe, Probleme streng sachlich und analytisch anzugehen, zerbreche ich mir also auf
die Schnelle den Kopf und finde tatsächlich rationale Gründe sowohl pro Baby als auch
contra, obwohl mir bei der Sache absolut nicht wohl ist, denn es gibt noch sowas wie
Ethik...
Zwangsläufig sind die meisten Argumente negativ, denn Sabine hat schließlich Aids,
das jederzeit ausbrechen kann... auch kann sie das Kind anstecken... mein Kopf
schwirrt... Mensch, ich soll hier in einer Pizzeria über ein Menschenleben entscheiden!
Desweiteren kommt sie schon mit ihren vorhandenen Kindern nicht zurecht, ihre
finanzielle Lage ist eher katastrophal und und und....
Schließlich bitte ich Sabine,alle Argumente sorgfältig
abzuwägen und dann für sich zu entscheiden...
Damit ist für sie das Thema beendet und sie geht unbeschwert zum nächsten Thema
über, während mein Magen weiterhin die Konsistenz von Stahlbeton hat.
Kapitel 7
Langsam beginne ich zu ahnen, das dieser Urlaub recht wenig mit Erholung zu tun haben wird...
Am nächsten Tag geht Sabine nochmals zur Aids-Hilfe, um sich von einer Betreuerin einen Rat wegen des Babys geben zu lassen. Diese rät ihr, nochmals mit dem Vater zu reden, ob dieser zur Vaterschaft stehen würde, etc... Sabine weiß zwar gar nicht so genau, ob der Vater nicht doch einer der Typen aus dem Partner-club ist.... aber das weiss weder die Betreuerin, noch der liebe Martin...
So langsam wird mir klar, das Sabine keineswegs eine Maulheldin ist, sondern sehr real
ihren Vorteil sucht, indem sie Lügen, Druck und Sexappeal anwendet....
Mittags setze ich Sabine an einem Cafe ab, wohin sie per Telefon recht lautstark ihren
Martin hinbeordert hat. Eine Stunde später finde ich eine zerknirschte Sabine vor, die
von ihrem Ex eine kalte Abfuhr erhalten hat. Klar würde er seinen Verpflichtungen
nachkommen, wenn sie das Baby bekommen würde: Alimente, mehr aber nicht.
Eigentlich hatte Sabine ja vor, ihn zur Heirat zu überreden...auch Drohungen,
sie würde ihn wegen Unregelmäßigkeiten in der Firma auffliegen lassen, fruchten
bei ihm nichts.
Lapidar erklärt sie, die Frage: Baby oder nicht , wäre hiermit erledigt.
Mir wird übel.
Da ihr der Norden nun endgültig nichts mehr zu bieten hat, möchte sie jetzt sofort nach Hause, nicht erst Samstag.... gesagt, getan, wir fahren zum Postamt, Sabine stellt ihren Nachsendungsauftrag nach Wesel und in der Wohnung packt sie ihre Sachen. Es stellt sich heraus, das Sabines ganze weltliche Habe aus dem Inhalt eines Pappkartons sowie dem einer Reisetasche besteht.
Auf der Heimfahrt versucht sie mich zu überreden, in Bremen an ihrem Partner-Club
Station zu machen, weil ihr bei Frust Sex halt am Besten helfe... Da mir die letzten
Tage nun wirklich gereicht haben, ist mein Limit so langsam doch erreicht und ich
sage ihr nicht sehr höflich die Meinung, um dann bis Wesel still vor mich hin zu
kochen und mich zu fragen, in welchem Film ich hier eigentlich gelandet bin.
Langsam bekomme ich so eine Art negativen Respekt vor Sabine und hoffe, nie
mit ihr ernstlich aneinander zu geraten, solange sie bei mir wohnt...die Frau ist
anscheinend zu Allem fähig. Naja, noch vertraut sie mir blind...
Kurzzeitig finde ich sogar Gefallen am Gedanken, Sabine inklusive Pappkarton
bei ihrem geliebten Partner-Club abzusetzen und dann den Rest des Heimweges
alleine zurückzulegen, während Sabine "ihren Frust abbaut".
Daß ich dies nicht getan habe, bedaure ich bis heute von Herzen!
Kapitel 8
Am Sonntag steht die Einladung zu Mutters 70.ten an und ich kann Sabine gerade noch
davon überzeugen, das zu diesem Anlass, angesichts meiner ländlichen Tanten, Onkels
und Vettern, Cousinen usw., ein hyperkurzer Minirock mit halterlosen Strümpfen
vielleicht doch etwas auffällig wäre... Ich habe mit der Verwandschaft zwar nicht viel am Hut,
aber ich kenne sehr wohl deren Toleranzgrenzen...
Als Sabine das Badezimmer verlässt, bin ich mal wieder verblüfft: Vor mir steht der
Traum jeder Schwiegermutter, keusch in Hose, Bluse und Weste gehüllt....es fehlt nur
noch das Schleifchen im Haar.
Der Tag wird ein voller Erfolg, der Festsaal ist prall gefüllt und wir nehmen zusammen
mit meiner Schwester und deren Mann die Position am Kopfende des Riesentisches
ein, zu beiden Seiten des Geburtstagskindes.
Während ich angesichts des allseitigen, anerkennenden Kopfnickens und Augenzwinkerns
in meine Richtung am liebsten die Unterseite meines Stuhls erforschen möchte, geht
Sabine voll in ihrer Rolle auf...
Keine Spur von Unsicherheit oder gar die versprochenen Zurückhaltung.... sie nimmt meiner
Mutter die überbrachten Blumen und Präsente ab, kümmert sich um die Bedienung der
Gäste und ist everybodys darling. In mir steigt die ernsthafte Frage auf, wie ich aus dieser
Story bloß wieder rauskomme... Warum habe ich Trottel nicht gleich die Wahrheit gesagt?
Und selbst wenn: Hätte mir einer aus dieser Generation geglaubt, das man neben so einer
Frau im Bett liegt und nur ein Buch liest?
Müßig, darüber nachzudenken... mitgefangen, mitgehangen. So ganz kann ich es trotzdem nicht fassen, daß die selbe Sabine,die sich vorgestern aus Frust durchvögeln lassen wollte, nunmehr gerade mit Tante Agnes über neue Häkelmuster parliert... Beim Gedanken, was die brave Tante wohl sagen würde, wenn sie das Gleiche wie ich wüsste, fange ich unwillkürlich an zu grinsen, was bei den Umstehenden zu fragenden Blicken führt. Ich flüchte mich ans kalte Buffet, wo Sabine mich einholt und sich in Hörweite des Kellners darüber auslässt, das sie gerne mal Vetter Gerd ausprobieren würde, denn der würde sie echt antörnen. Ich beschließe, in meinem ganzen Leben kein Familienfest mehr zu besuchen.... Gegen diesen Tag ist die Rocky-Horror- Picture-Show ein müder Tanztee.
Auch diese Stunden blanken Horrors gehen um, die Gäste verabschieden sich allmählich
und die engere Verwandschaft wird zum Tagesausklang nach Hause zu Muttern in den
Gartenpavillon eingeladen. Sabine kümmert sich um alles, schmiert Schnittchen,
serviert die Getränke und ist der gute Geist des Abends. Meine Schwester nimmt mich
beiseite und sagt mir, daß ich ein Trottel wäre, sollte ich diese Frau jemals sausen lassen...
Ich stammele irgendwas was von "mal sehen" und "einmal verheiratet genügt", aber sie
lächelt mich an und wiederholt ihr statement...sich auf ihre Menschenkenntnis berufend.
Ich schwöre mir, nie mehr t-online, Modem und den IRC zu benutzen.
Währenddessen führt Mutter Sabine durch den Garten, begrüßt sie herzlich an Bord der
Familie und gibt Sabine das, was diese später lächelnd als eine Art Gebrauchsanweisung
für mich bezeichnet.... Frauen!!
Am Montag leiht sich Sabine meinen Wagen aus, da sie noch etwas in Lübeck vergessen habe.
Am Dienstag ist sie zurück... und erzählt fröhlich, sie hätte unterwegs einen Beantworter
ihrer Kontaktanzeige angerufen und sich mit diesem in Lübeck getroffen...
Ich mache ihr höchst eindringlich klar, das ich dafür keinen leeren Benzintank und 900
gefahrene Kilometer tolerieren würde. Sabine entschuldigt sich und gelobt Besserung...
Bis auf zwei Tage, die sie in Xanten bei den kids verbringt, verbringt sie nunmehr die
ganze Woche damit, sich via BTX in diversen Systemen nach netten Kerlen umzuschauen.
Zum Arbeitsamt muss ich sie zwecks Jobsuche förmlich hinschleifen. Die Suche gestaltet
sich recht hoffnungslos, da Sabine scheinbar einen 10.000 DM Job möchte, möglichst
verbunden mir einer 10-Stunden Woche...
Bald schon erreicht Sabine jeden Tag eine Flut von e-mails... Wir waren im Kino und
haben uns "Workoholic" angesehen, dessen Motto lautet "Super-Single: einen fürs Bett,
einen für den Job , einen für den Rest"
Dieses Pseudo Super-Single verwendet Sabine nunmehr und die Reaktion ist recht
erstaunlich... die Männers reißen sich um Position 1 & 3 und meine mailbox ist permanent
verstopft, das Telefon klingelt alle 5 Minuten und ich hoffe nur, das der Richtige für
Sabine dabei ist... langsam reicht es mir. Ansonsten ist Sabine ein braver Engel...
In der 3. Woche fällt ihr ein, daß es mit der Abtreibung so langsam Zeit wird. Sie telefoniert
durch die Gegend und findet einen Arzt, der dies ambulant erledigt. Ich fahre sie
zur nächsten Beratungsstelle, sie holt sich ihr Beratungsgespräch ab und gelangt so an den
begehrten Schein, den sie nach 60 Stunden Bedenkzeit dem Arzt vorlegen kann.
Am Freitag ist es soweit: Der Abort wird vorgenommen, um 13:00 hole ich sie wieder ab,
halte in der Aufwachphase ihre Hand und werde vom Doc mit Instruktionen für die
nächsten Tage versorgt...Dieser schaut mich streng und eher mißbilligend an, was mich
ziemlich verwundert... bis mir klar wird, das er mich für den Vater des gewesenen Kindes
hält und scheinbar eine persönliche Abneigung gegenüber solchen Raben-Vätern hat, die
ihre Frau zur Abtreibung schicken... Diesmal habe ich keine Lust mehr die Klappe
zu halten und kläre ihn entsprechend auf...
Mitten in der Nacht bekommt Sabine Schmerzen, richtige Schmerzen...
Kapitel 9
Die Freitagnacht verläuft recht chaotisch, Sabine krümmt sich vor Schmerzen und ich wusele durch die Gegend, um Wärmflaschen zu machen, ein heißes Bad zuzubereiten... Es nützt nichts, am Samstagmorgen fahre ich sie zum diensthabenden Frauenarzt, der Sabine ins Krankenhaus einweist...
Nachdem die Formalitäten erledigt sind, fahre ich nach Hause, hole ihr Klamotten und bin dann halt am Krankenbett anwesend, bis es ihr besser geht. Ich melde ihr Zimmertelefon an und verspreche ihr, regelmäßig die e-mails auszudrucken und mitzubringen, bzw. den Leutchen mitzuteilen, wo sie momentan erreichbar ist...
Den Sonntag verbringe ich auch im Krankenhaus und Sabine ist wieder putzmunter, muss aber noch die ganze Woche da bleiben. Um diese Woche Ruhe zu haben, teile ich Sabines e-mail-Freunden die Tatsache mit, daß sie mit "Bauchfellentzündung" im KKH liegt. Da ich keine Lust habe, den Text 15mal zu tippen und zu senden, schreibe ich ihn einmal und versende diesen dann mittels der "CC"-Funktion gleichzeitig an alle.. allerdings ist mir dabei nicht bewusst, das so alle Empfänger auch die Adressen der anderen sehen können...Bald schon entbrennt ein erheiternder e-mail-Krieg zwischen den Jungs, die sich bisher nicht bewusst waren, daß es noch andere Mitbewerber um die Super-Single-Trophäe gibt. In der e-mail hatte ich Sabine s Zimmer-Telefon angegeben, so daß in den nächsten Tagen ihr Telefon kaum mehr stillsteht...
Ab Montag musste ich wieder arbeiten. Dank Sabines ständiger Sonderwünsche ging ich morgens zum Dienst, kaufte in der Mittagspause die gewünschen Sachen ein, fuhr bei Dienstschluss zum Krankenhaus und leistete Sabine Gesellschaft , die amüsiert vom telefonischen Gebaggere ihrer Verehrer erzählte. So ging dies 2-3 Tage, bis Sabine plötzlich nur noch von einem der Jungs erzählte, sich sehr verliebt anhörte und ihrem Telefon eine neue Nummer geben ließ...Jede Nacht hatte sie bis 2-3 Uhr telefoniert, was ihre Zimmernachbarin mächtig nervte. Bisher hatte ich brav die Nachmittage und Abende im KKH verbracht, da Sabine hier in Wesel ja sonst keinen kannte und ich somit der einzige Besucher war. Ihre Eltern sollten von der Sache nichts erfahren, so daß auch diese ausfielen...Langsam jedoch kam ich mir wie der letzte Obertrottel vor, da mir Sabine ständig die Ohren von ihrem Jochen vollsülzte...gleichzeitig aber ständig an mir rum-mäkelte, sich über nicht schnell genug gewaschene Wäsche beschwerte und mich allgemein plötzlich wie einen besseren Laufburschen behandelte...Ok, ich war ja froh, einen potentiellen Abnehmer für meine Chaos-Sabine in Aussicht zu haben, aber dieses Verhalten ging mir dann doch über die Hutschnur... Als ich eines Abends verspätet mit der üblichen Tragetasche angehastet kam und Sabine die Sachen in Empfang nahm, um mich gleich darauf mit einer neuen Liste abzuwimmeln, weil der abendliche Anruf Jochens zu erwarten war, hatte ich die Schnauze endgültig voll...
Ab einem gewissen Punkt bin ich ein Typ, der konsequent auf stur schaltet. Ich sah keinerlei Grund, mir dieses Verhalten noch länger gefallen zu lassen. Warum sollte ich Sabine weiter behilflich sein? Ich hatte einfach keine Lust mehr auf diesen Irrsinn. Also ging ich am nächsten Tag nach Feierabend anstatt zum KKH nach Hause, badete ausgiebig und genoss die Ruhe und fehlende Hektik...
Am Abend verzeichnete der Anrufbeantworter bereits 3 Anrufe Sabines, die stufenweise hektischer klangen, wobei der letzte nur noch ein Ansammlung von Beschwörungen war, ihr doch bitte dies und das nicht übel zu nehmen und sie nicht alleine zu lassen. Am Nachmittag des nächsten Tages hatten die Anrufe auf dem AB eine beängstigendes Ausmaß angenommen, so daß ich abends zum KKH fuhr, um die Lage abzuchecken. Ich fand eine reichlich eingeschüchterte Sabine vor, die mir sogleich um den Hals fiel und ihre Dankbarkeit über mein Erscheinen in allen möglichen Formen zeigte. Da ich normalerweise Klartext rede, versuchte ich ihr nochmals verständlich zu machen, das ich weder ihr Ehemann, noch ihr Laufbursche sei und demzufolge auch keine Verpflichtungen ihr gegenüber habe... ebensowenig, wie sie mir gegenüber Rechenschaft über ihre Liebeleien abzulegen habe. Sie könne sich ja ruhig verlieben, aber bitte nicht auf meinem Buckel. Das sah sie auch ein und verkündete im gleichen Atemzug, der Jochen sei ja nur ein netter Junge, der ihr die langen Stunden im KKH leichter gemacht habe. Er sei lieb, aber für sein Alter ein bißchen naiv und realitätsfern. Außerdem lebe er in der Nähe von Koblenz, das sei eh`zu weit weg...
Die restliche Tage verlaufen wieder recht ruhig und harmonisch...manchmal reinigt ein
ein Gewitter halt doch die Luft.
Am Montag der Folgewoche wird sie entlassen, wobei ich sie in meiner Pause vom
KKH abhole. Sabine leiht sich 50 Mark von mir, um in der Stadt dringende Besorgungen
zu erledigen. Um 15:00 holt sie mich mit meinem Wagen vom Dienst ab, will mich zu
Hause absetzen und bittet, den Wagen kurz ausborgen zu dürfen, um in Xanten bei ihrem
Ex-mann wegen dringender Unterhaltsfragen für die Kids vorbeizuschauen. "Klar", sage ich,
tanke den leeren Tank voll,gebe ihr die Schlüssel und trolle mich in meine Wohnung.
Dort steht auf dem Tisch eine handgemalte Karte von Sabine, mittels derer sie nochmals
Danke für meine Betreuung im KKH sagt...ich bin gerührt.
Weniger gerührt bin ich anschließend, im Mülleimer die Reste von Geschenkverpackungen und die Schnipsel von Geschenkpapier zu entdecken. Schlagartig fällt mir ein, das Sabine letzte Woche mal erwähnte, das Jochen heute Geburtstag hat. Sie wird doch wohl nicht auf die Idee gekommen sein....
Um 22:00 werde ich langsam unruhig, denn ich kenne Sabines Fahrstil... es wird 01:00,
02:00 Uhr... mein Gott, Xanten ist gerade mal 35 KM entfernt, das ist doch keine
Weltreise...gegen 04:00 werde ich vom Quitschen der Tür geweckt und eine müde
Sabine kommt herein. Ich stürme aus dem Bett und frage nach Unfall, Toten,
Verletzten und Höhe des Blechschadens...
"Och", sagt sie, " ich traf noch Freunde, die mich nach Hause einluden...wurde halt lang."
Dann hätte sie ja wenigstens kurz anbimmeln können, grummele ich, von wegen Sorgen
machen und so. Sie hält das für übertrieben.
Ich spreche sie auf das Geschenkpapier im Mülleimer an und sie verkündet mit ihrem
strahlendsten Lächeln, das sie, naja, eben ein kleines Geschenk für den Jochen gekauft
habe und mit der Post nach Koblenz geschickt hätte, weil er halt so nett zu ihr im
bösen, bösen Krankenhaus gewesen wäre.
Recht deutlich mache ich ihr klar, das ich mein sauer verdientes Geld nicht unbedingt
für die "lieben Jungs" Sabines ausgeben möchte und ich ihr dafür sicherlich keine Flocken
gepumpt hätte...was sie natürlich mal wieder einsieht. Außerdem bekäme ich ja alles wieder,
woran ich innerlich allerdings mehr und mehr Zweifel hege...
An Schlaf ist nicht mehr zu denken, als Sabine endlich bettfertig ist, bimmelt mein Wecker.
Todmüde koche ich Kaffee, während Sabine schon selig schlummert.
Schließlich ist es Zeit zu gehen und ich latsche lustlos zu meinem Auto und steige ein.
Als ich den Wagen starten will, fällt mein Blick auf den Tageskilometerzähler, den ich
gestern beim Volltanken wie immer genullt habe. Nun, die Strecke Wesel- Xanten und
retour hat runde 70 KM, mit Rumkurven in Xanten vielleicht 80-90...und richtig, der
Tageskilometerzähler steht bei 87 KM. Dann aber fällt mein Blick auf die Tankuhr, die in
meinem Auto in Litern anzeigt und recht genau ist. Ich staune...
Kapitel 10
Die Tankuhr steht knapp unterhalb der Mitte, was bei meinem Tank etwa 30 Liter verbrauchtes Benzin bedeutet. Mit anderen Worten: Mein Wagen verbraucht plötzlich mehr als 30 Liter auf Hundert KM...wenn der Tageskilometerzähler stimmt. Normalerweise fahre ich mit dieser Menge 400 KM...
Mein Blick fällt auf den Straßenatlas, der noch aufgeklappt auf dem Beifahrersitz liegt. Er ist bei der Karte von Koblenz und Umgebung aufgeschlagen. Wohnt dieser Jochen nicht in Rheinstein bei Koblenz? Kurz überschlage ich die Entfernung Wesel-Koblenz und komme auf knapp 200 KM. Macht mit dem Rückweg 400, und das zeigt meine Tankuhr ja auch an...
Nach einem Augenblick der Ungläubigkeit bin ich einfach nur geschockt.
...und dann einfach nur fürchterlich sauer!
Diese elende Lügerei reicht mir nun endgültig.
Ich gehe zurück in die Wohnung und stelle Sabine zur Rede.
Sie leugnet schlichtweg die Tatsachen und erklärt, sie hätte noch einen
kleinen Umweg auf dem Rückweg von Xanten gemacht, um ihre
Schwester in Düsseldorf abzusetzen. Die restliche Differenz beim
Benzin erklärt sie damit, danach nochmal getankt zu haben. Die Unlogik
dieses Arguments entgeht ihr allerdings vollständig...
Nun, ich rege mich ab und erkläre ihr freundlich, das ich ihr jederzeit mein Auto für eine Fahrt zu Jochen geborgt hätte, auf *ihre* Benzinkosten... Aber so idiotisch belogen zu werden.... wenn schon lügen, dann auch gut. Da es mir nun endgültig reicht, setze ich ihr eine Frist von 3 Wochen für Wohnungssuche und Auszug.
Teil 3 ist in Arbeit.....
Dort erreicht das tragische Drama seinen vorläufigen Höhepunkt ;o)
Danke für`s Lesen bis hierher
Weiter mit Teil 3...
LuKe · Gepostet im Oktober 1997